Piesport:Kirche St. Michael
1776/77 vom Tiroler Baumeister Paul Miller erstellt, ersetzte die Michaelskirche die zunächst in den Weinbergen gelegene erste (13. Jh.) Pfarrkirche, die Michelskirch, und eine unweit von St. Michael gelegene, in den folgenden Jahrhunderten zunehmend genutzte Kirche "Zu den 12 Aposteln", die später dem heiligen Sebastian geweiht wurde, aber schließlich baufällig wurde. Beim Neubau von St. Michael finanzierte die Pfarrgemeinde den Turm und die Sakristei, die Abtei Mettlach das Kirchenschiff und das Trierer Domkapitel den Chorraum. Dechant und Pfarrer war damals Johannes Baptist Haw (1731-1816), der auf dem Gelände der Sebastianuskapelle bestattet wurde; sein Grabstein befindet sich heute in der Turmhalle von St. Michael.
Der Barockbau mit seinem schlanken, 52,50 m hoch aufragenden Westturm liegt unmittelbar an der Mosel. Hochwassermarken an der Südwestecke zeigen an, dass der Fluss hier bei Hochwasser immer wieder ein ungeliebter Gast sein kann, so z.B. beim Jahrhunderthochwasser 1993 (Marke in Brusthöhe). Bereits sieben Jahre nach Fertigstellung soll das Hochwasser 3,70m hoch in der neuen Kirche gestanden haben!
Besondere Bekanntheit gewinnt die an sich schlichte Saalkirche dadurch, dass die gesamte Gewölbezone reich ausgemalt ist. Den sogenannten Piesporter Himmel "schuf der Trierer Maler Johann Peter Weber; er zauberte mit beachtlichem Schwung ein dekoratives System an die Decke, das die Malereien in Springiersbach, vor allem aber die Fresken von St. Paulin zu Trier, voraussetzt" (Zitat aus: "Kirche, Dome und Klöster - Kunst und Kultur in Rheinland-Pfalz"). Die drei großen Deckengemälde zeigen an der Eingangsseite die Missionspredigt des heiligen Franz Xaver, in der Mitte der Sturz der Engel durch den Erzengel St. Michael und über dem Altar die Himmelfahrt Mariens mit dem offenen Sarkophag und den zwölf Aposteln. Von Johann Peter Weber stammt auch das große Ölgemälde, dass in die Wand über dem Hochaltar eingelassen ist. Wegen schlechter Bezahlung war das Verhältnis zwischen Kirchenmaler und Dechant Haw wohl nicht ungetrübt: "Weber benutzte die Gemälde am Kirchenhimmel, um seine Missachtung auszudrücken: Im Gemälde des Höllensturzes gab er dem auf dem Rücken liegenden Teufel die Gesichtszüge von Johannes Haw, der mit herausgestreckter pfeilspitzer Zunge als einziger auf den am Hochaltar zelebrierenden Pfarrer schaut. Außerdem sind in den Rissen und Klüften des zerberstenden Gesteins der Hölle die Initialen des Pfarrers JH versteckt. In der Szene der Missionarspredigt nimmt der Künstler, als einziger fast nackt, zusammen mit seiner Frau in einem Selbstporträt deutlichen Abstand zum Missionar am Rande der Gruppe der heidnischen Zuhörer." (Zitat aus dem guten Wikipedia-Artikel zu St. Michael).
Kanzel, Kommunionbank, der Hochaltar in Tabernakelform, die Seitenaltäre und die Beichtstühle sind aus der Bauzeit der Kirche erhalten und tragen zum einheitlichen, heiteren und prächtigen Erscheinungsbild der Kirche mit bei.
Piesport war ein "Landkapitel" innerhalb der Verwaltungsstruktur des alten Erzbistums, das 1794 44 Pfarreien umfasste, später Dekanat, das bis 1997 bestand und dann mit Bernkastel fusioniert wurde. Die Pfarrei St. Michael gehört heute zur Pfarreiengemeinschaft Neumagen-Piesport. Sie ist derzeit vakant; Pfarrverwalter ist Peter Klauer, als Kooperator hat Stephan Schmidt einen seelsorgerischen Tätigkeitsschwerpunkt in der Pfarreiengemeinschaft.
2003/2004 erhielt die Kirche ein neues fünfstimmiges, imposantes Geläute vom Glockengießer Hermann Schmitt (Brockscheid), sicher eines der größten in den letzten Jahrzehnten geschaffenen zusammenhängenden Geläute in unserem Bistum; der Guss der kleinsten Glocke wurde am 30. August 2003 vor der Kirche vorgenommen. Die 1.900 Kilogramm schwere, tontiefe Erzengelglocke (Schlagton h°) mit 151 cm Durchmesser trägt eine ungewöhnliche Glockenzier, ein Bündel Möhren. Dies erinnert an einen Streit im Dreißigjährigen Krieg um die Nutzung einer Viehweide und die anschließenden Querelen der Dörfer Piesport, Emmel und Müstert, bei denen der Anbau von Möhren eine Rolle spielte, was zum Spitznamen "Mortepänz" für die Piesporter führte.
Auf der Empore der Kirche befindet sich eine denkmalwerte pneumatische Pfeifenorgel des Orgelbauers Heinrich Koulen (Oppenau) von 1902 mit 19 Registern, die leider 1985 zu Lasten ihrer romantischen Klangcharakteristik verändert worden ist, aber dennoch nach wie vor schöne Klänge bereithält. Einige Aufnahmen der Fenster in den Nebenräumen und der Sakristei von St. Michael finden Sie auf der Homepage der Forschungsstelle für Glasmalerei des 20. Jahrhunderts.
Lage von St. Michael auf Google Maps
Die Kirche ist grundsätzlich tagsüber geöffnet, allerdings nur bis zum unter der Orgelempore des 19. Jahrhunderts gelegenen Gitter zugänglich.